Dieser Beitrag entstand während der Vorbereitung eines Beitrags zur Fotografie der ISS (Teil 2), wo das Thema Brennweite und Vergrößerung eine große Rolle spielt. Da die Details über Bildsensoren und Brennweite immer umfangreicher wurden und der ISS Fotografie Beitrag aus den Nähten zu platzen drohte, habe ich mich entschlossen, dieses Thema als eigenständigen Beitrag zu veröffentlichen.
Worum geht es?
Die Hobby-Astrofotografie reicht von der Aufnahme von Landschaften bis hin zu Planeten. Während man große Bereiche des Himmels (mit/ohne Landschaft) üblicherweise mit geringen Brennweiten aufnimmt (z.B. 15 oder 35 mm), so benötigt man für die sehr kleinen Planeten Brennweiten im Bereich von 2-4 Meter (gerne auch mehr).
Meistens will man sich bei der Astrofotografie nicht nur auf eine Sparte festlegen (Himmel mit Landschaft, Sternformationen, Kometen, Sternschnuppen, Milchstraße, Deep-Sky, Sonne, Mond, Planeten), will aber andererseits auch nicht Unmengen an Geld für viele unterschiedliche Optiken ausgeben um diesen großen Brennweitenbereich abzudecken. Das eine perfekte Teleskop oder Zusatzobjektiv für den Fotoapparat, mit dem man alles aufnehmen kann, gibt es leider nicht.
Was also tun, wenn man sich nicht unzählige Optiken zulegen möchte, wovon jede einzelne vielleicht nur für eine oder wenige Sparten nutzbar ist?
Dieser Beitrag will leicht verständlich erklären, welcher Zusammenhang zwischen optischer Brennweite und Sensor-Auflösung/Fläche besteht und wie man durch unterschiedliche Kombination sehr schnell zu höheren Vergrößerungen kommen kann.
Ich zeige zum Schluss ein paar Beispiele, wo ich unterschiedliche Komponenten miteinander kombiniert habe. Man erkennt, was möglich ist, mit welchem Erfolg (also welcher Bildqualität) und das man das nicht beliebig auf die Spitze treiben kann.
Mit den Informationen sollte man anschließend wissen, wie man zu mehr Vergrößerung durch die veränderte Zusammenstellung bestehender Komponenten kommt. Wenn man die Komponenten noch nicht hat, dann weiß man zumindest, dass der Kauf immer größerer Optiken/Brennweiten nicht die einzige Lösung ist und die Anschaffung einer neuen Kamera oder eines Teleskops (z.B. eines günstigen Newton Teleskops) die bessere Alternative gegenüber einem teuren Tele-Objektiv für den Fotoapparat sein kann.
Die Basics
Bevor ich erkläre, welche Wirkung die Kombination unterschiedlicher Bildsensoren und Brennweiten hat, möchte ich zunächst kurz erklären, wie bei einer Kamera überhaupt ein Bild entsteht.
Die beiden wesentlichen Komponenten sind zum einen der Bildsensor und zum anderen das Objektiv/Teleskop, welches die aufzunehmende Umgebung/Szenerie auf den Bildsensor projiziert.
Der Bildsensor
Der in der Kamera verbaute Bildsensor hat eine gewisse Fläche, auf der sich eine bestimmte Anzahl Bildpunkte (Pixel) befindet. Der hier gezeigte in Regenbogenfarben schimmernde Sensor ist aus einer digitalen Spiegelreflex-Kamera (DSLR = Digital Single Lens Reflex), besitzt das sogenannte APS-C Format (22,3 x 14,9 mm) und hat eine Auflösung von 6000 x 4000 Pixel = 24 Megapixel.
Stellt man den Fokus des Objektivs/Teleskops richtig ein, dann sorgt man dafür, dass der optische Brennpunkt genau auf dieser Sensorfläche liegt und der Sensor eine scharfe Abbildung sieht. Startet man die Aufnahme, dann erzeugt der Sensor eine mosaikartige Abbildung entsprechend seiner Auflösung. Dem Bildsensor ist es völlig egal, wie stark die Vergrößerung aufgrund der Objektiv/Teleskop-Brennweite ist. Er nimmt’s wie es kommt und wandelt jede auf ihn projizierte Abbildung immer mit derselben ihm zur Verfügung stehenden Pixelanzahl in ein Bild um.
Bildsensoren gibt es in unterschiedlichen Formaten (Kantenlängen in mm) und Auflösungen (Pixelanzahl). Bei Fotoapparaten im professionellen Bereich werden meist Sensoren im sogenannten „Vollformat“ eingesetzt. Deren Sensorfläche ist identisch mit dem Format früherer chemischer Dia- und Negativ-Filme (36 x 24 mm, Kleinbild-Format). Sensoren in günstigeren Kameras haben meist ein kleineres Format, wovon das APS-C Format nur eines von vielen ist.
Die Auflösung der Sensoren ist seit Einführung der digitalen DSLRs und Kompaktkameras stark nach oben gegangen. Hatte meine erste DSLR in 2005 noch etwas mehr als 6 Megapixel, so sind 50 Megapixel heutzutage keine Besonderheit mehr – selbst nicht bei Smartphones, bei denen die Sensorfläche sehr viel kleiner ist als bei DSLRs.
Das Objektiv
Jeder kennt sie – Kameraobjektive. An Kompaktkameras fest verbaut meist als Zoom-Objektiv, bei Spiegelreflex-Kameras (DSLRs) über einen Bajonettanschluss montiert und auswechselbar. Über die Zoomfunktion oder durch Auswechseln des Objektivs kann man recht einfach die Brennweite verändern. Die Brennweite sagt aus, in welchem Millimeter-Abstand parallel und somit aus unendlicher Entfernung eintreffende Lichtstrahlen hinter dem Objektiv in einem Punkt (dem Brennpunkt) zusammentreffen.
Die Tatsache, dass Objektive meist mehrere Linsen enthalten, sei hier einmal egal. Des weiteren braucht man auch nicht zwingend zwischen einem Objektiv oder Teleskop zu unterscheiden bzw. ob Linsen oder Spiegel als optische Elemente benutzt werden. Das Prinzip ist immer identisch, weshalb ich nachfolgend nur die Begriffe „Objektiv“ und „Linse“ benutze.
Brennweite und Vergrößerung
In diesem Beitrag geht es darum, höhere Vergrößerungen zu erreichen. Der Zusammenhang zwischen Brennweite und Vergrößerung ist den meisten bestimmt aus der Praxis bekannt. Erhöht man an einem Zoomobjektiv die optische Brennweite, dann erhöht sich auch die Vergrößerung.
Brennweite und Vergrößerung sind proportional zueinander. Wird also die Brennweite um einen gewissen Faktor erhöht, dann erhöht sich die Vergrößerung um denselben Faktor. Wegen diesem Zusammenhang sind beide Begriffe in diesem Beitrag prinzipiell gegeneinander austauschbar (doppelte Brennweite = doppelte Vergrößerung). Ich nutze hier aber in erster Linie den Begriff der Brennweite, denn schließlich ist sie auf all unseren Objektiven und Teleskopen aufgedruckt und somit quasi allgegenwärtig.
Bei der Brennweite sollte man sich aber immer darüber im Klaren sein, dass es sich um eine unveränderliche optische/physikalische Eigenschaft des Objektivs/Teleskops handelt. Auch wenn wie später gezeigt die Vergrößerung verändert wird und ich zuvor geschrieben habe, dass in diesem Beitrag die Begriffe Brennweite und Vergrößerung meist gegeneinander austauschbar ist – die optische Brennweite eines Objektivs/Teleskops bleibt unverändert bestehen.
Zur Veranschaulichung ein paar Bilder und Diagramme aus einem praktischen Versuch. Ich habe dazu aus 9 m Entfernung eine Zielscheibe mit einem darüber aufgebrachten Lineal mit unterschiedlichen Brennweiten fotografiert (18 – 1.000 mm). In allen mit derselben Kamera gemachten Aufnahmen habe ich die Pixeldistanz der Linealstrecke 16 cm ermittelt und in Diagrammen dargestellt (x-Achse = Brennweite, y-Achse = Pixel für 16cm). Das linke Diagram zeigt die Brennweiten 18 – 135 mm und das rechte zusätzlich noch die höheren Brennweiten 600 und 1.000 mm. Der lineare Anstieg der Pixeldistanz über den gesamten Brennweitenbereich ist deutlich erkennbar – auch wenn durch das ein oder andere Objektiv ein leichter Knick entstanden ist.
Der Brennpunkt
Aus unendlicher Entfernung (also parallel) einfallende Lichtstrahlen treffen im Brennweitenabstand hinter der Linse zusammen. In genau diesem Abstand – dem Brennpunkt – kommt es zu einer scharfen Abbildung. Man darf sich das nicht vorstellen wie früher im Physikunterricht, wo meist mit nur ein paar parallelen Lichtstrahlen (2 oder mehr) der Brennpunkt einer Linse veranschaulicht wurde und man deshalb meinen könnte, es gäbe bei einer Linse nur diesen einen mittig liegenden Brennpunkt. Verstärkt wird diese Vorstellung von nur einem einzigen Brennpunkt noch durch eigene Versuche mit der Sonne und einem Vergrößerungsglas, wo alles Licht in einem Punkt (dem Brennpunkt) zusammentrifft. Man kann dadurch auf den Gedanken kommen, dass auch die Abbildung einer Umgebung/Landschaft/Nachthimmel durch die Linse in einem einzigen winzigen Brennpunkt zusammengeführt würde, kleiner als die Spitze einer Stecknadel. Dem ist jedenfalls nicht so.
Ein Brennpunkt kommt selten allein
Tatsächlich gibt es unendlich viele Brennpunkte hinter der Linse, denn die Umgebung oder das Motiv das man aufnimmt, besteht aus unzähligen Lichtquellen/Lichtpunkten.
Am Beispiel eines aufzunehmenden Hauses:
vom Schornstein und dem Kellerfenster geht Licht aus (reflektiertes Sonnenlicht). Das Licht dieser beiden „Lichtquellen“ strahlt in alle möglichen Richtungen und nur ein kleiner Teil davon trifft auf die Linsenoberfläche unseres Objektivs. Hinter der Linse (am Objektiv-Ausgang) werden die Lichtstrahlen von Schornstein und Kellerfenster in einem jeweils eigenen Brennpunkt gebündelt und diese Brennpunkte liegen an unterschiedlicher Stelle.
Zu den Lichtstrahlen des Schornsteins und Kellerfensters kommen die sämtlicher Dachziegel hinzu und was das Haus sonst noch an Sichtbarem zu bieten hat (von jedem Quadratmillimeter des Hauses gehen Lichtstrahlen aus). Die Brennpunkte all dieser „Lichtquellen“ (jedes Quadratmillimeters) verteilen sich als Fläche hinter der Linse und bilden die aufzunehmende Szenerie als Sammlung unendlich vieler verteilter Brennpunkte nach (in der Optik auch Bildebene genannt), welche eine auf dem Kopf stehende und spiegelverkehrte Abbildung ergibt.
Einfach veranschaulicht
Man kann das gut mit Pylonen aus dem Straßenverkehr veranschaulichen. Vom Schornstein und Kellerfenster gehen zwei „Lichtkegelpylonen“ aus. Die Spitzen beider Pylonen befinden sich am Schornstein und Kellerfenster, also dem Ursprung des Lichts. Die breite Standfläche der Pylonen ist aber nur so groß wie die Linsenfläche des Objektivs. Das Licht beider (sehr langer und spitzer) Pylonen trifft also auf die gesamte Fläche der Linsen-Eintrittsseite. Auf der Austrittsseite entstehen ebenfalls zwei Lichtkegelpylonen, deren Spitzen von der Linse weg zeigen und wie bei der Eintrittsseite auch dort an unterschiedlichen Stellen liegen – jedoch viel näher bei der Linse und enger zusammen. In Wirklichkeit hat man natürlich eine unendliche Anzahl solcher „Pylonen“ und auf der Austrittsseite entsteht gewissermaßen eine ganze Fläche von Pylonenspitzen, ähnlich dem Nagelbett eines Fakirs.
Erst wenn man das Objektiv so einstellt, dass die Fläche dieser Brennpunkte (Pylonenspitzen) genau die Oberfläche des Bildsensors trifft (oder das Stück Pappe auf dem vorherigen Bild), kann eine scharfe Abbildung erzeugt werden. Wie nah (oder fern) die Brennpunkte hinter der Linse auf dieser Fläche von Brennpunkten (Optik: Bildebene) beieinander liegen, wird durch die Brennweite bestimmt. Ein Verändern der Brennweite hat auf die Fläche von Brennpunkten dieselbe Wirkung, als würde man ein Bild auf einer Gummifolie (oder das Nagelbett des Fakirs) dehnen oder stauchen.
Die Brennpunkte auf den Sensor
Die folgenden Bilder eines Apfelbaums sollen die Verlagerung von Brennpunkten auf der Sensoroberfläche durch Verändern der Brennweite verdeutlichen. Sie wurden mit derselben Kamera (also demselben Bildsensor), jedoch mit unterschiedlichen Objektiv-Brennweiten aufgenommen.
Im Bild welches mit 135 mm Brennweite aufgenommen wurde, sind 3 farbige Punkte eingezeichnet. Sie markieren 3 Stellen des Baumes die ich (ganz offensichtlich) zum Zeitpunkt der Aufnahme sehen konnte, d.h. von ihnen ging sichtbares Licht aus (reflektiertes Sonnenlicht). Obschon von unzähligen anderen Stellen des Baums ebenfalls Licht ausging, konzentrieren wir uns hier nur auf diese 3 Stellen. Von ihnen trat zum Zeitpunkt der Aufnahme Licht in die Linse des Objektivs ein und wurde hinter der Linse an 3 unterschiedlichen Brennpunkten gebündelt. Das Bild entspricht den Proportionen des Bildsensors. Dieser hat wie eingangs erwähnt eine Abmessung von ca. 22 x 15 mm und demnach eine Diagonale von knapp 27 mm. Zwischen den 3 benachbarten Brennpunkten lag daher ein Abstand von jeweils ungefähr 3 mm.
In der Aufnahme mit 600 mm Brennweite sieht man sehr deutlich, dass die Licht-Brennpunkte der exakt identischen beiden rot markierten Stellen des Baumes woanders auf der Fläche des Bildsensors „positioniert“ sind. Diese haben auf der Sensorfläche nun einen viel größeren Abstand – länger als die halbe Diagonale (nun 14 mm, zuvor 3 mm). Das Objektiv mit höherer Brennweite zieht die Fläche von Brennpunkten gewissermaßen auseinander, als würde es das Bild dehnen. Der Brennpunkt der blau markierten Stelle ist so weit weggewandert, dass er nicht mehr vom Bildsensors erfasst wird.
Das nachfolgende Bild veranschaulicht noch einmal, wie das Objektiv mit 600 mm Brennweite den Apfelbaum auf die lichtempfindliche Fläche des Sensors und darüber hinaus projiziert. Wie man sieht, liegt der „blaue“ Brennpunkt außerhalb der lichtempfindlichen Fläche.
Fläche und Auflösung des Bildsensors
Die vorherigen Erklärungen und die beiden Apfelbaum-Aufnahmen haben verdeutlicht, wie das Zusammenspiel eines Bildsensors mit unterschiedlichen Brennweiten aussieht.
Was wäre aber nun, wenn man anstatt immer desselben Sensors einmal einen anderen nutzt? Einen wo sich die Fläche, die Pixelauflösung oder beides ändert?
Fläche und Pixelanzahl ändert sich
Nehmen wir an,
- die Brennweite des Objektivs bleibt unverändert und die ursprüngliche Sensorfläche (grün) wird
- durch Ergänzen von gleichartigen Pixeln vergrößert (äußerer roter Rahmen) oder
- durch Wegnahme von Pixeln verkleinert (innerer blauer Rahmen).
Die Bilder, die der veränderte Sensor erzeugen kann, werden lediglich größer (rot) oder kleiner (blau). Es ist also lediglich etwas mehr oder weniger von der aufgenommenen Szene auf dem Bild enthalten (verändertes Blickfeld). Der Detailgrad ändert sich allerdings nicht, d.h. die Äpfel werden auf allen 3 Bildern durch dieselbe Anzahl von Pixeln dargestellt (identische Pixeldichte).
Pixelanzahl ändert sich
Wenn man
- die Brennweite des Objektivs beibehält und
- den ursprünglichen Sensor (grün) durch einen anderen Sensor mit derselben Fläche ersetzen würde und dieser
- eine geringere Pixelauflösung (blau) oder
- eine höhere Pixelauflösung (rot) hätte,
so würde sich der Detailgrad der Bilder reduzieren (blau) oder erhöhen (rot).
Die Fläche ändert sich
Wenn man
- die Brennweite des Objektivs beibehält und
- den ursprüngliche Sensor (grün) durch einen anderen Sensor mit gleicher Pixelauflösung ersetzen würde und dieser
- eine geringere Fläche (blau) oder
- eine größere Fläche (rot) hätte,
so würde die Vergrößerung der Bilder steigen (blau) oder sinken (rot).
Bei dem blauen Bild kann man streng genommen gar nicht von einer Vergrößerung sprechen, denn rein optisch wurde hier nichts vergrößert. Das Objektiv mit seiner selben Brennweite erzeugt immer noch eine gleich große Projektion. Anhand des vorherigen Bildes (Projektion Apfelbaum auf Sensor) kann man sich sehr leicht vorstellen was passiert, wenn man in diesen runden immer noch gleich groß ausgeleuchteten Bereich einen kleineren Sensor mit identischer Pixelauflösung hinein platziert. Der kleinere Sensor wird nur einen kleineren Ausschnitt der gesamten Projektion/Szene/des Apfelbaums „sehen“, das aber mit derselben hohen Auflösung.
Macht man von dem grünen und blauen Bild Fotoabzüge, beide im Format 10×15 cm, dann würde man das blaue Bild zunächst für eine Ausschnittvergrößerung aus dem grünen Bild halten. Bei genauem Hinsehen wird man aber feststellen, dass bei dem blauen Bild keine für Ausschnittvergrößerungen typische grobe Pixelstruktur zu sehen ist. Beide Bilder haben dieselbe feine Pixelstruktur. Auf dem blauen Bild werden Äpfel und Blüten durch viel mehr Pixel dargestellt.
Eine höhere Vergrößerung kann man auch über das Blickfeld (FOV = Field Of View) ausdrücken – jenes wird kleiner (wie bei einem Fernglas). Der kleinere Sensor bekommt von dem gesamten Blickfeld nur einen entsprechend kleineren Teil zu sehen.
Durch Nutzung eines Sensors mit kleinerer Fläche aber gleicher (oder noch höherer) Pixelauflösung erzielt man denselben Effekt, als würde man ein Objektiv mit höherer Brennweite verwenden. Da gute Objektive mit hohen Brennweiten meist sehr teuer sind, kann eine Kamera mit kleinerem Sensor eine gute Alternative sein.
Ein paar Beispiele
Um das ganze einmal zu verdeutlichen, habe ich Aufnahmen von einer 560 Meter entfernten Kirchturmspitze gemacht. Ich habe dazu 2 verschiedene Kameras mit unterschiedlich großen Sensoren und 7 Optiken verwendet und diese unterschiedlich kombiniert.
Die Kameras
Bei den beiden Kameras handelt es sich um eine digitale Spiegelreflex Kamera (DSLR) und eine kleine USB Kamera, die zum Teleskop-Guiding verwendet wird (schwarz/weiß Kamera, zum Verfolgen der Sterne bei Langzeitaufnahmen, damit es keine Stern-Strichspuren gibt).
Wie man auf den Bildern und den Sensormaßen in der folgenden Tabelle sehen kann, beträgt die Sensorfläche der Guiding Kamera nur etwa ein Viertel im Vergleich zur DSLR Kamera. Zum Vergleich und für die spätere Erklärung des sogenannten Crop-Faktors habe ich die Sensor-Abmessungen einer Vollformat-Kamera ergänzt (ohne Pixelangaben).
Kamera | Sensorgröße [mm] | Diagonale [mm] | Pixel | Crop Faktor | Pixelgröße [µm] |
---|---|---|---|---|---|
Vollformat | 36 x 24 | 43,3 | 1 | ||
DSLR | 22,3 x 14,9 | 26,8 | 6000 x 4000 | 1,6 (= 43,3/26,8) | 3,7 |
Guiding | 5,6 x 3,2 | 6,45 | 1936 x 1096 | 6,7 (= 43,3/6,45) | 2,9 |
Die Optiken
Die 3 unterschiedlichen DSLR Objektive wurden nur an der DSLR-Kamera verwendet. Das Zoom Objektiv wurde einmal auf ca. 30 mm und ein anderes mal auf 135 mm Brennweite eingestellt. Die beiden anderen Objektive hatten eine feste Brennweite (50 + 600 mm).
Benutzt wurde auch eine Barlow-Linse. Es gibt sie mit unterschiedlichen Vergrößerungsfaktoren. Sie weitet den aus dem Objektiv/Teleskop austretenden Lichtstrahlengang auf, sodass sich die resultierende Brennweite um den entsprechenden Faktor erhöht (bei mir 2,5-fach). Diese Erhöhung erkauft man sich aber leider mit einem Verlust an Helligkeit. Man kennt es von leistungsstarken Taschenlampen, deren Lichtkegel man aufweiten und bündeln kann. Bei der Aufweitung verteilt sich die konstant bleibende Lichtmenge der Lichtquelle auf eine größere Fläche, wodurch angestrahlt Objekte nicht mehr so hell erscheinen. Eine Barlow-Linse ist daher besser für lichtstarke anstatt für lichtschwache Objektive/Teleskope geeignet.
Von den letzten 3 Optiken habe ich nur das 420 mm Linsenteleskop zusammen mit der DSLR Kamera benutzt.
Optik | Brennweite [mm] | mit DSLR | mit Guidecam |
---|---|---|---|
Barlow Linse | 2,5-fache Vergrößerung | X | |
DSLR Objektiv (Linse) | 50 | X | |
DSLR Objektiv Zoom 18-135 (Linse) | 2 Einstellungen: ca. 30 und 135 mm | X | |
DSLR Objektiv (Spiegel) | 600 | X | |
Guide Scope | 242 | X | |
Teleskop (Linse) | 420 | X | X |
Teleskop (Spiegel) | 1000 | X |
Die Aufnahmen
Bis auf die DSLR-Objektive lassen sich die Kameras und Optiken über passende Adapter fast beliebig miteinander kombinieren. Die 11 Kombinationen (Setups) sollten ausreichend sein um zu sehen, wie welche Brennweiten zu erreichen sind.
Um die Brennweiten leichter einordnen bzw. miteinander vergleichen zu können, habe ich immer die Vollformat-Brennweite angegeben. Diese ist das Produkt von der verwendeten Optikbrennweite und dem jeweiligen Crop-Faktor des Kamera-Sensors (CF, s. unten). Sie gibt an, was für ein Objektiv (welche Brennweite) man an einer Vollformat-Kamera (= Sensor in Vollformatgröße) benutzen müsste um eine identische Aufnahme mit derselben Vergrößerung zu erhalten.
Beim ersten Setup habe ich die Objektiv-Brennweite auf ca. 30 mm eingestellt, was durch den Crop-Faktor von 1,6 in etwas einer Vollformat-Brennweite von 50 mm entspricht (30 x 1,6 = ca. 50). Ein 50er Objektiv bezeichnet man auch als „Normalobjektiv“, weil es an einer Vollformat-Kamera eine Abbildung erzeugt, die dem Seheindruck unserer Augen entspricht.
Beim letzten Setup mit der höchsten Brennweite habe ich eine zweite Aufnahme dazu genommen. Der Hahn auf der Kirchturmspitze passte nicht mehr komplett ins Bild 🙂
Setup
Vollformat Brennweite
Aufnahme
DSLR Kamera (CF=1,6)
DSLR Objektiv ca. 30 mm
50 mm
DSLR Kamera (CF=1,6)
DSLR Objektiv 50 mm
80 mm
DSLR Kamera (CF=1,6)
DSLR Objektiv 135 mm
220 mm
DSLR Kamera (CF=1,6)
DSLR Objektiv 600 mm
960 mm
Guiding Kamera (CF=6,7)
Guiding Teleskop 242 mm
1.620 mm
DSLR Kamera (CF=1,6)
Linsen Teleskop 420 mm
Barlow 2,5x
1.680 mm
Guiding Kamera (CF=6,7)
Linsen Teleskop 420 mm
2.810 mm
Guiding Kamera (CF=6,7)
Guiding Teleskop 242 mm
Barlow 2,5x
4050 mm
Guiding Kamera (CF=6,7)
Spiegel Teleskop 1.000 mm
6.700 mm
Guiding Kamera (CF=6,7)
Linsen Teleskop 420 mm
Barlow 2,5x
7.040 mm
Guiding Kamera (CF=6,7)
Spiegel Teleskop 1.000 mm
Barlow 2,5x
16.750 mm
Der Crop-Faktor (CF)
Hat man bereits eine Kamera und kennt deren Sensorabmessungen, dann lässt sich über den sogenannten Crop-Faktor (CF) mit sehr einfachen Rechenschritten bestimmen, mit welchen anderen Sensoren und Brennweiten man welche Ergebnisse erwarten kann.
In die Kamera-Tabelle habe ich noch die Länge der Sensor-Diagonalen ergänzt (Satz des Pythagoras). Wie man sieht, ist die Diagonale des Guiding-Kamera Sensors um den Faktor 4,16 kleiner (engl. „cropped“ = abgeschnitten, gekürzt) als die des DSLR Sensors. Der Guiding-Kamera Sensor hat daher bezogen auf den DSLR Sensor einen CF von 4,16. Nimmt man als Bezugsgröße aber einen Vollformat-Sensor, dann beträgt der CF des DSLR Sensors 1,6 und der des Guiding-Kamera Sensors 6,7.
Anhand des Crop-Faktors lässt sich somit vorhersagen, dass die DSLR im Vergleich zur Guiding Kamera immer eine um den Faktor 4 (ganz genau 4,16) höhere Brennweite braucht, um ein Bild mit derselben Vergrößerung bzw. demselben kleinen Blickfeld (FOV) liefern zu können.
An den beiden Setups mit den Vollformat-Brennweiten 1.620 und 1.680 mm kann man das auch sehr schön nachvollziehen. Die Brennweite/Vergrößerung bzw. der Bildausschnitt sind fast identisch. Die DSLR wurde mit einer 2,5x Barlow-Linse genutzt, wodurch sich zusammen mit der Teleskop-Brennweite von 420 mm eine resultierende Brennweite von 1.050 mm ergibt. Durch die Multiplikation mit dem CF von 1,6 kommt man auf die Vollformat-Brennweite von 1.680 mm. Der Guiding-Kamera mit ihrem kleineren Sensor reichte schon eine Brennweite von nur 242 mm (ca. 4 mal weniger als 1.050 mm), um auf nahezu identische Vergrößerungswerte zu kommen. Multipliziert man die 242 mm mit deren CF von 6,7, so kommt man auf die nahezu gleiche Vollformat-Brennweite von 1.620 mm. Mit diesen einfachen Rechenschritten kann man unterschiedliche Setups sehr einfach vergleichen (z.B. über ihre Vollformat-Brennweiten), ganz ohne Testaufnahmen und ohne auf sein Bauchgefühl vertrauen zu müssen.
Fazit
Dieser Beitrag hat gezeigt, dass hohe Vergrößerungen nicht nur durch die Anschaffung immer leistungsfähigerer Optiken erreichbar sind. Barlow-Linsen und kleinere Sensoren können ebenso gute Alternativen sein.
An den unterschiedlichen Aufnahmen sieht man zum Teil sehr deutliche Qualitätsunterschiede. Sie machen deutlich, dass das Tricksen mit Barlow-Linsen oder kleineren Sensoren bei manchen Optiken früher, bei anderen erst viel später an seine Grenzen stößt.
Das Guide-Scope mit 242 mm Brennweite hat wohl nicht die allerbeste optische Qualität. Mit zunehmender Vergrößerung wird das immer deutlicher (Hahn und Mast heben sich vom Himmels-Hintergrund nicht scharf ab). Ein Guide-Scope hat i.d.R. aber auch keine derart hochwertigen Linsen, um noch große optische Reserven bieten zu können. Bei den Teleskopen mit 420 und 1.000 mm sieht das bereits ganz anders aus. Sie haben von Grund auf eine bessere optische Qualität und wurden speziell zur visuellen Beobachtung bzw. Astrofotografie entworfen. Mit Barlow-Linse oder kleinen Sensoren sollte man also nur arbeiten, wenn die optische Qualität des Teleskops stimmt und es Reserven nach oben bietet – oder man für den Moment auf besonders hohe Qualität verzichten kann, sei es, weil man vielleicht nur einmal versuchsweise in eine andere Fotografie-Sparte hineinschnuppern möchte.
Die Erklärungen und Beispielaufnahmen haben hoffentlich deutlich gemacht, auf welch unterschiedliche Weise und mit welcher Wirkung man Kameras und Optiken miteinander kombinieren kann – in diesem Beitrag in erster Linie um zu höheren Vergrößerungen zu gelangen.
Andere Kombinationen können aber genauso dabei helfen, seine Ausrüstung z.B. auf weniger Gewicht oder niedrigere Anschaffungskosten zu optimieren oder um die ein oder andere Komponente auch anderweitig nutzen zu können (z.B. eine Barlow-Linse für visuelle Beobachtungen durch Okulare).
In diesem Sinne – viel Erfolg beim Ausprobieren, Tüfteln und dem Finden der passenden Komponenten und richtigen Entscheidungen!