Reparatur ZWO ASI120 mc-s

Hinweis gleich zu Beginn: der Artikel ist sicherlich auf baugleiche ZWO ASI Kameras übertragbar.

Was tun wenn der wichtigste Anschluss der Kamera – der USB3 Port – auf einmal kaputt geht?

Nach dem Schreck kommt sofort die Frage auf – läßt sich das reparieren, lohnt sich der Aufwand und wie stehen die Chancen auf Erfolg?

Auch wenn die Reparatur eine tückische Hürde hat … die Antwort ist ein klares ‚JA‘. Schließlich hatte die Kamera einmal viel Geld gekostet und unser Planet braucht nicht noch mehr Elektroschrott. Wenn man bei der Reparatur die folgenden Hinweise beachtet, stehen die Chancen recht gut, den USB3 Anschluss innerhalb von 2 Stunden zu erneuern und hinterher eine wieder funktionierende Kamera zu haben.

Auf dem Beitrags-Bild sieht man den Vorher- und Nachher-Zustand (oder vorher-nachher-hinterher 😉 ). Die Kamera ist nicht mir selbst kaputt gegangen. Ich hatte sie auf einer Astro-Börse als ausdrücklich defekt deklariert zu einem günstigeren Preis bekommen. Sie sollte noch funktionieren, was aber mit dem kaputten Anschluss nicht nachprüfbar war. Ich kaufte sie also mit einem gewissen Risiko, war aber zuversichtlich ihr wieder ein neues Leben verleihen zu können.

Erst mal öffnen

Das war schon mal einfach.

Gehäuseoberteil aufdrehen und man sieht den mittigen Sensor auf der Platine, die ihrerseits mit 4 Schrauben befestigt ist. Der USB-Anschluss ist rechts mit 2 großen und 9 kleinen Lötstellen verbaut. Oberhalb des Sensors ist der ST4-Guiderport mit 6 kleinen Lötstellen.

Das wird ein Heimspiel …

… dachte ich mir und löste die 4 Schrauben. Ich stellte dann aber schnell fest, das die beiden Anschlussbuchsen von USB3 und ST4-Guiderport ein Herausnehmen der Platine unmöglich machten.

Das kommt daher, weil diese beiden Anschlüsse außen bündig mit dem roten Alugehäuse abschließen und sich am Gehäuse festkrallen wie eine Katze in der Badtür vor dem Duschen 🙂 Die Katze kriegt man vielleicht noch „überredet“, nicht aber die Platine. Leichtes anheben, drehen oder kippen bringt nicht die nötige Bewegungsfreiheit, denn zwischen der runden Platine und dem Alugehäuse sind maximal 2 mm Luft.

Und wie hat ZWO sowas in der Fertigung zusammengebaut? Die haben bestimmt mindestens eine der Anschluss-Buchsen (unverlötet) in die vorgesehene Aussparung eingelegt, danach die Platine aufgesetzt und hinterher den Anschluss verlötet.

Rolle rückwärts

Was also tun, um die Platine dort wieder heraus zu bekommen? Eine der Anschlussbuchsen (USB oder ST4) muss raus, um die Platine entnehmen zu können.

Was liegt näher, als die USB-Buchse auszulöten, schließlich ist sie ja auch defekt!

Den USB3 Anschluss bei diesen eingeschränkten Platzverhältnissen auszulöten macht aber keinen Spass. Man müßte alle 11 Lötpunkte gleichzeit erhitzen und dabei die Platine nach oben ziehen. Das eigentliche Problem ist aber, dass einige der Lötstellen sowohl auf der Platine aber auch in unsichtbaren inneren Lagen mit großen Kupferflächen verbunden sind. Die Hitze wird quasi „weggesaugt“, d.h. es dauert sehr lang bis alle Lötstellen flüssig werden. In dieser Zeit verteilt sich die Hitze (ca. 400 °C) über die Platinenfläche, wird den Bildsensor erreichen und ihn in den Hitzetod treiben.

Plan B

Dann muss wohl zuerst der ST4 Anschluss raus, auch wenn der an der ganzen Misere keine Schuld hat. Wenn man die Kamera nicht als Guiding-Cam nutzt, könnte man auf diesen Anschluss zur Not verzichten, sollte beim Ausbau etwas schief gehen. Sein Ausbau ist aber für einen guten Zweck … einer muss hier schließlich nachgeben.

Das folgende Bild zeigt den Ausgang des Massakers. Damit der Glasfilter über dem Sensor nicht zerkratzt oder schmutzig wird, wurde er vorher vom schwarzen Dichtring entfernt. Zum Schutz des Sensors übernahm etwas Tesafilm seinen Platz.

Der ST4-Anschluss konnte noch im Alu-Gehäuse durch Erhitzen der 6 Lötpins ca. 3 mm von der Platine angehoben (also noch nicht komplett ausgelötet) werden. Dadurch entstand die benötigte Bewegungsfreiheit, um die Platine vollständig aus dem Alugehäuse herausnehmen zu können. Den ST4-Anschluss habe ich danach komplett ausgelötet und das Lötzinn aus den Platinen-Lötpunkten abgesaugt, um den ST4-Anschluss später nach ZWO-Fertigungs-Manier wieder einbauen zu können.

Wegen der schon beschriebenen Hitzegefahr für den Sensor hatte ich die USB-Buchse Stück für Stück zerkleinert (Vorsicht bei den benachbarten Bauteilen auf der Platine). Zuerst das Blechgehäuse „abgewickelt“ und danach den blauen Kunststoff zerkleinert, bis die elektrischen Kontakte sichtbar und mit einem Seitenschneider einzeln gekappt wurden. Anschließend konnte jeder der 11 Lötstellen einzeln erhitzt und die verbliebenen Anschlusskontakte einzeln ausgelötet werden. Die Überreste der USB Buchse liegen in der rechten Plastikschale.

Das folgende Bild zeigt die Rückseite der Platine nach dem Ausbau beider Anschlussbuchsen, dem Enfernen des Lötzinns aus den Kontakt-Pads (den Löchern für die Kontakte) und dem Reinigen der Platine. Rechts danaben liegt schon die neue USB3 Buchse (vom Typ B) und unten die ausgebaute schwarze ST4-Buchse.

Rot markiert sind noch die Stellen des ST4 Anschlusses, wo ich von außen mit einem kleinen Flach-Schraubenzieher durch leichtes Drehen etwas Druck zwischen Platine und Buchse aufgebaut habe, damit sich die ST4-Buchse beim Erhitzen der 6 Pins von der Platine abhebt. Wie man sieht, gab das auf der Platine leichte Kratzspuren. Vom außen war aber bereits zuvor zu sehen, dass man keine Gefahr läuft, dort irgendwelche Leiterbahnen zu beschädigen.

Wieder zusammenbauen …

Den ST4-Anschluss verbaue ich erst wieder, nachdem die Kamera über eine gewisse Zeit ohne Probleme funktioniert.

… und ab zum Sehtest

Wie man sieht … die Operation ist geglückt und die Kamera funktioniert wieder.

Abschließend

Die Frage, wie es überhaupt zu dem Schaden kam … ich weiss es nicht und habe dummerweise nicht danach gefragt.

Es kann aber nur eine hohe Krafteinwirkung gewesen sein, aufgrund derer der massive blaue Kunststoffsteg in der Mitte abgebrochen ist. Bei anderen USB3 Geräten konnte ich bereits festellen, das gerade diese USB3 Typ-B Anschlüsse etwas hakelig sein können und man die Kabel dann nur mit Kraft entfernen kann. Oder aber jemand/etwas ist versehentlich an das Anschlusskabel gestoßen.

Von daher mein Rat: vorsichtiger Umgang mit diesem Anschluss und hochwertige Kabel benutzen. Solche Reparaturen will man nicht öfter machen 😉


Bildquelle: entsetzte Frau im Beitragsbild von Image by wayhomestudio on Freepik